Montag, 31. August 2015

Bogotá aus der Vogelperspektive

Die nächste Woche neigt sich dem Ende zu und ich finde genug Zeit, um ein kleines Update zu geben. Bis jetzt ist mein Alltag hier in Kolumbien noch sehr entspannt, da ich erst am 03. Oktober zu Arbeiten beginne. Bis dahin besuchen wir Freiwilligen noch einen Sprachkurs und haben zusätzlich verschiedene Aktivitäten, die wir entweder in Anspruch nehmen dürfen oder müssen. Jeden Tag unter der Woche mache ich mich nach einem kolumbianischen Frühstück mit Kaffee, Rührei, Arepa und manchmal auch Suppe auf den Weg. Nachdem man sich in einen überfüllten Bus gequetscht hat (das schnellste Busnetzwerk nennt sich Transmilenio) und 25 Minuten lang versucht hat, nicht umzufallen und Körperkontakt zu 200 anderen Menschen möglichst zu vermeiden, komme ich meistens ein paar Minuten zu spät bei der Sprachschule an. Die paar Minuten machen allerdings überhaupt nichts aus, da unser Lehrer (und ohne Vorurteile ausweiten zu mögen auch so gut wie alle anderen Kolumbianer) sowieso mindestens 20 Minuten zu spät kommen.
Der lustigste Lehrer aller Zeiten (vorne)

Unter der Woche haben wir auch unsere kolumbianische ID beantragt, damit wir uns hier auch ausweisen können. Mittwoch Abend gingen wir noch aus, und zwar zur Candelaria Bar, in der jeden Mittwoch das sogenannte Wednesday SpeakEasy stattfindet. Dort können sich Kolumbianer und Ausländer austauschen in Sprachen ihrer Wahl. Dazu einfach an den Tisch mit der Fahne des Landes setzen, dessen Sprache man üben möchte. Ich lernte eine Menge lieber junger Menschen kennen, die mich unverdienterweise für mein gebrochenes Spanisch lobten (Kolumbianer sind einfach so viel freundlicher und offener als der 0815-Deutsche!).

Das 3. Wochenende in Lateinamerika war bisher das ereignisreichste. Freitag erkundeten wir aufs Neue das Nachtleben Bogotás und bei der Anzahl an Bars und Clubs hier habe ich das Gefühl, dass ich das ein Jahr lang machen werde und danach immer noch nicht alles kenne.. Wir besuchten einen sehr bekannten Club namens Casa Babylon und versuchten uns erneut an Salsa, Merengue und Reggaeton. Samstag war verbunden mit zwei lustigen Erfahrungen, die mir die Unterschiede in Kultur und Lebensstil erneut vor Augen führten: gewaschen wird hier auf der Dachterrasse und ebenso wird die Wäsche dort von der Sonne getrocknet. Dies macht allerdings nicht nur meine Familie, sondern so viele Menschen, dass, wenn ich von der Dachterrasse aus über die Gebäude der Stadt blicke, überall Wäsche hängen sehe, sodass die ganze Stadt viel bunter aussieht. Abends waren Verwandte eingeladen zu einer Abschiedsfeier für meinen Bruder Carlos, der am Dienstag für ein Jahr nach Deutschland fliegen wird. Dazu war die komplette Familie eingeladen, und obwohl nur ein Teil dieser Zeit hatte, versammelten sich ungefähr 40 Personen in unserer Wohnung. Ich konnte und kann mir nicht erklären, wie die hier alle reingepasst haben. Jedenfalls verabschiedeten sie sich nicht nur von Carlos, sondern begrüßten auch mich als neues Familienmitglied. Alle waren so freundlich und warmherzig und ich fühlte mich sofort willkommen. Meine größte Bewunderung galt an diesem Abend meiner Gastmutter, die das Essen für all diese Leute selber zubereitete und so optimal abschätzte, dass jeder genug hatte, aber auch nichts übrig blieb. Increíble!! Mit Mojitos und kolumbianischer Musik ließen wir den Abend ausklingen.
unsere Dachterrasse

Das Highlight des Wochenendes war allerdings der Sonntag. Um 9 Uhr morgens stellten sich 27 Freiwillige der Herausforderung, ihren ersten 3000er zu besteigen! (Wir vergessen hier mal schnell die Tatsache, dass wir eh schon auf 2600m Höhe leben.) Unser Ziel war die schneeweiße Kirche auf dem Berg Monserrate (3152m), der sich im Osten der Stadt erhebt und das Panorama Bogotás gemeinsam mit dem Berg Guadalupe entscheidend prägt. Nach einer guten Stunde Fußmarsch und hunderte Treppenstufen später erreichten wir schwer atmend, denn die Luft wird schon merklich dünner, die Kirche. Die Aussicht über Kolumbiens Hauptstadt ist unglaublich, einfach beeindruckend, wie riesig diese Stadt ist. Umgeben von Bergen der Anden füllt sie das komplette Tal und erstreckt sich sogar noch bis hinter den Horizont. Von Monserrate aus kann man nur etwa 75% der Stadt sehen, ein einziges Gewirr aus Straßen, Hochhäusern, Wohnhäusern, Blocks, Parks und leider auch verarmten Vierteln. Man fühlt sich so klein und unbedeutend, wenn man auf diese Stadt blickt, die Heimat von geschätzt 9 Millionen Menschen ist.

nein, ist kein Photoshop :P






Montag, 24. August 2015

Bienvenido a Bogotá

Schon 10 Tage in Kolumbien, wie schnell die Zeit vorbeifliegt. Nach der Ankunft und der ersten Nacht in Kolumbiens Hauptstadt ging es mit dem Bus nach La Mesa, einem kleinen Ort etwa 65 km von Bogotá entfernt. Bis man ankommt, dauert es aber nicht eine Stunde, wie man vermuten würde, sondern eher 4. Erstens, weil der Verkehr in Bogotá unglaublich ist, die Straße ist voll mit Motorrädern, Bussen, Autos und einer Menge Taxen, zweitens, weil man in Serpentinen etwa 1200 Höhenmeter die Anden hinab fährt.
Jedenfalls verbrachten 27 vom Jetlag geplagte, aber dennoch sehr glückliche und neugierige Freiwillige aus 6 Ländern 4 Tage auf einer kleinen Farm/Finca in tropischem Wetter. Wir lernten mehr über unser Gastland, ein wunderschönes Land mit herzlichen Menschen, gutem Essen, mitreißender Musik und auch vielen Problemen. Außerdem lernten wir uns besser kennen, genossen die Sonne und hatten unsere erste Salsa Tanzstunde und tranken erstmals kolumbianisches Bier (kein Vergleich zu bayrischem Bier natürlich, aber auch genießbar).




Zurück in Bogotá verbrachte ich jetzt schon beinahe eine Woche in meiner Gastfamilie. Ich erkundete mit einer Freundin der Familie und meinem Gastbruder Carlos die Stadt (insbesondere den Norden, die Altstadt namens La Candelaria und am Freitag Abend Calle 85, das Zentrum des Party- und Nachtlebens). Mein Zimmer in der Wohnung, die ich mit Carlos und seiner Mutter Mery teile, ist bereits bezogen und bis auf die sehr lauten Vögel, die meine Nachbarn im ersten Stock halten, kann ich auch schon sehr gut schlafen und fühle mich bereits zuhause. Zudem genieße ich das kolumbianische Essen meiner Gastmutter, Spezialitäten wie Empanadas, Ajiaco und mehr.
Aussicht aus unserer Wohnung auf die Stadt




Kathedrale am Plaza bolivar

Das erste Wochenende in meiner Familie Torres Berrio war super. Freitags waren wir feiern und haben anschließend bei zwei anderen deutschen Freiwilligen, Binta und Pia, im Stadtteil Suba übernachtet, sind Samstag Mittag dann mit einem Bus bis ans andere Ende der Stadt zu uns nach Kennedy gefahren (am liebsten würde ich aber dennoch im Viertel Bavaria leben), und zwar mit einem Bus, in den man immer einsteigen kann, wenn man möchte. Das heißt, wir haben ungefähr 2 Stunden für 20 km gebraucht, was mich aber nicht störte, weil ich diese Straßen der Stadt noch nicht gesehen habe, die wir entlang fuhren. Den Nachmittag verbrachten wir mit Julian, einem der unzähligen Cousins meines Gastbruders (die komplette Familie hat 76 Mitglieder, so grob geschätzt). Mit Carolina und Mery besuchte ich dann noch ein dreistündiges klassischen Konzert des nationalen Sinfonieorchesters Kolumbiens mit Chor und 8 Solisten. Es war ein Genuss! Stücke waren beispielsweise aus Carmen, Don Giovanni und La Traviata. Sonntag waren außer Julian noch ein weiterer Cousin mit Familie zu Besuch. Mittags gingen wir in ein Restaurant und bekamen zu siebt eine Platte zu essen, auf der sich ein Berg von Fleisch, Kartoffeln, Kochbananen und Yuca häufte. Buen provecho!
Calle 85 - Nachtleben in Bogotá