Die Zeit ist gekommen, um Abschied zu nehmen. Abschied von meiner Familie, meiner Wohnung, meinen Freunden, meiner Stadt, meinem Projekt, meinem Land.
Für meine Organisation musste ich einen Abschlussbericht schreiben und über Gastfamilie, Projekt und persönliche Entwicklung informieren. Ich werde hier ein paar Ausschnitte für euch einfügen:
"Im August 2015 bin ich hier angekommen und war so gespannt, wie mein Leben hier wird in meiner Gastfamilie, im Projekt, in Bogota. Über Kolumbien wusste ich eigentlich so gut wie gar nichts, was aber auch Absicht war, um möglichst ohne Erwartungen und Vorurteile hierher zu reisen. Ich war nervös, ob es die richtige Entscheidung war, ein Jahr lang einen Freiwilligendienst zu machen. Ich wusste nicht, ob ich in meinem Projekt etwas bewirken kann, ob ich mich mit meiner Familie verstehen werde, ob ich Freunde finden werde und ob mir Südamerika gefällt. Jetzt, im August 2016, kann ich sagen: Wenn ich nochmal die Frage gestellt bekommen würde, ob ich ein FSJ in Kolumbien machen möchte, würde ich wieder „Ja“ sagen, wieder und wieder und wieder."
"Auch sonst bin ich froh, so gute Freunde in Kolumbien gefunden zu haben. Vor allem einige der Deutschen aus meiner Gruppe haben mich von Anfang an begleitet und die Erlebnisse und Reisen mit ihnen und die ähnlichen Erfahrungen und Probleme schweißen unglaublich zusammen. Dennoch erlebt man dieses Jahr nochmal ganz anders gemeinsam mit kolumbianischen Freunden. Am Anfang war es schwieriger als gedacht, junge Leute in meinem Alter kennenzulernen, man geht ja nicht auf eine Schule oder an die Uni. Inzwischen habe ich natürlich auch Freunde von hier und das ist eine der besten Möglichkeiten, dieses Land kennenzulernen. Ich habe so viel von ihnen gelernt, sei es über den politischen Konflikt des Landes, die kolumbianische Lebensphilosophie, oder wo es die besten Empanadas zu essen gibt."
deutsche Freunde der Gruppe.. |
...und kolumbianische Freunde |
"Meine Arbeitskollegen in Cazuca haben gewechselt und einige Jugendliche sind neu dazugekommen, andere gehen inzwischen sogar auf die Uni. Generell bin ich sehr froh, in Cazuca und Bosa zu arbeiten. Vor allem die Kinder und Jugendlichen und meine Kollegen aus Cazuca, die mich nicht als „kleinen Freiwilligen“, sondern als Mitglied im Team betrachten, sind mir so ans Herz gewachsen. Seit September bin ich jede Woche mehrmals mit ihnen zusammen und auch, wenn ich nicht das Leben der Kinder verändert habe, konnte ich ihnen etwas mit auf den Weg geben, davon bin ich überzeugt. Und sei es nur, dass Bildung der Schlüssel für Erfolg ist, dass sie Konflikte nicht mit Gewalt austragen sollen oder dass die Welt groß ist und sie nicht für immer in Cazuca festsitzen werden, wenn sie die Kraft haben, sich und ihre Umgebung zu verändern.
Fast jedem, dem ich erzähle, dass ich in Cazuca arbeite, sagt „oh nein, dort ist es hässlich und die Leute sind arm“, aber die Menschen aus Cazuca mit ihrer Hilfsbereitschaft und Offenheit sind die schönsten, die ich in Bogota kenne und ihr Gedankenreichtum und ihr Drang zur Veränderung sind alles andere als arm."
meine Kinder in Cazuca |
mit der Rap Gruppe |
"Ich selbst habe mich im Laufe meines Freiwilligendienstes sehr verändert und wahnsinnig viel gelernt. Während des Jahres bin ich viel selbstständiger und unabhängiger geworden. Das Spontane haben Kolumbianer so an sich und hat mich selbst spontaner gemacht. Der Lebensstandard in Kolumbien ist ein anderer als in Deutschland und war eine der größten Veränderungen für mich. Ich bin so froh darüber, den Unterschied zu sehen und daraus zu lernen. Unglaublich, wie viel wir in Deutschland eigentlich besitzen und wie viel Besitz als vollkommen normal angesehen wird!"
mit meiner Familie |
"Nach dem FSJ bin ich mir sehr sicher, dass ich mich weiterhin engagieren will und da gibt es auch in Deutschland und Europa genügend Möglichkeiten. In Kolumbien ist der Unterschied zwischen Reich und Arm und bestimmender Gruppe und sozial Schwachen extrem. Genauso extrem ist die Aussichtslosigkeit, etwas bei all der Korruption verändern zu können, sodass die Menschen ihre Hoffnung verlieren. Den Schwachen eine Stimme zu geben, habe ich mir im Laufe des Jahres zur Aufgabe gemacht."
Zum Schluss nochmals vielen vielen Dank an alle Spender, an meine Familie und an all die Personen, die mich während des Jahres unterstützt haben und mich begleitet haben. Danke, dass ihr mir das beste Jahr meines Lebens ermöglicht habt!
Olivia