Donnerstag, 11. August 2016

Hasta luego, Colombia!

Die Zeit ist gekommen, um Abschied zu nehmen. Abschied von meiner Familie, meiner Wohnung, meinen Freunden, meiner Stadt, meinem Projekt, meinem Land. 

Für meine Organisation musste ich einen Abschlussbericht schreiben und über Gastfamilie, Projekt und persönliche Entwicklung informieren. Ich werde hier ein paar Ausschnitte für euch einfügen: 


"Im August 2015 bin ich hier angekommen und war so gespannt, wie mein Leben hier wird in meiner Gastfamilie, im Projekt, in Bogota. Über Kolumbien wusste ich eigentlich so gut wie gar nichts, was aber auch Absicht war, um möglichst ohne Erwartungen und Vorurteile hierher zu reisen. Ich war nervös, ob es die richtige Entscheidung war, ein Jahr lang einen Freiwilligendienst zu machen. Ich wusste nicht, ob ich in meinem Projekt etwas bewirken kann, ob ich mich mit meiner Familie verstehen werde, ob ich Freunde finden werde und ob mir Südamerika gefällt. Jetzt, im August 2016, kann ich sagen: Wenn ich nochmal die Frage gestellt bekommen würde, ob ich ein FSJ in Kolumbien machen möchte, würde ich wieder „Ja“ sagen, wieder und wieder und wieder."


"Auch sonst bin ich froh, so gute Freunde in Kolumbien gefunden zu haben. Vor allem einige der Deutschen aus meiner Gruppe haben mich von Anfang an begleitet und die Erlebnisse und Reisen mit ihnen und die ähnlichen Erfahrungen und Probleme schweißen unglaublich zusammen. Dennoch erlebt man dieses Jahr nochmal ganz anders gemeinsam mit kolumbianischen Freunden. Am Anfang war es schwieriger als gedacht, junge Leute in meinem Alter kennenzulernen, man geht ja nicht auf eine Schule oder an die Uni. Inzwischen habe ich natürlich auch Freunde von hier und das ist eine der besten Möglichkeiten, dieses Land kennenzulernen. Ich habe so viel von ihnen gelernt, sei es über den politischen Konflikt des Landes, die kolumbianische Lebensphilosophie, oder wo es die besten Empanadas zu essen gibt."

deutsche Freunde der Gruppe..

...und kolumbianische Freunde

"Meine Arbeitskollegen in Cazuca haben gewechselt und einige Jugendliche sind neu dazugekommen, andere gehen inzwischen sogar auf die Uni. Generell bin ich sehr froh, in Cazuca und Bosa zu arbeiten. Vor allem die Kinder und Jugendlichen und meine Kollegen aus Cazuca, die mich nicht als „kleinen Freiwilligen“, sondern als Mitglied im Team betrachten, sind mir so ans Herz gewachsen. Seit September bin ich jede Woche mehrmals mit ihnen zusammen und auch, wenn ich nicht das Leben der Kinder verändert habe, konnte ich ihnen etwas mit auf den Weg geben, davon bin ich überzeugt. Und sei es nur, dass Bildung der Schlüssel für Erfolg ist, dass sie Konflikte nicht mit Gewalt austragen sollen oder dass die Welt groß ist und sie nicht für immer in Cazuca festsitzen werden, wenn sie die Kraft haben, sich und ihre Umgebung zu verändern.
Fast jedem, dem ich erzähle, dass ich in Cazuca arbeite, sagt „oh nein, dort ist es hässlich und die Leute sind arm“, aber die Menschen aus Cazuca mit ihrer Hilfsbereitschaft und Offenheit sind die schönsten, die ich in Bogota kenne und ihr Gedankenreichtum und ihr Drang zur Veränderung sind alles andere als arm."

meine Kinder in Cazuca

mit der Rap Gruppe

"Ich selbst habe mich im Laufe meines Freiwilligendienstes sehr verändert und wahnsinnig viel gelernt. Während des Jahres bin ich viel selbstständiger und unabhängiger geworden. Das Spontane haben Kolumbianer so an sich und hat mich selbst spontaner gemacht. Der Lebensstandard in Kolumbien ist ein anderer als in Deutschland und war eine der größten Veränderungen für mich. Ich bin so froh darüber, den Unterschied zu sehen und daraus zu lernen. Unglaublich, wie viel wir in Deutschland eigentlich besitzen und wie viel Besitz als vollkommen normal angesehen wird!"

mit meiner Familie

"Nach dem FSJ bin ich mir sehr sicher, dass ich mich weiterhin engagieren will und da gibt es auch in Deutschland und Europa genügend Möglichkeiten. In Kolumbien ist der Unterschied zwischen Reich und Arm und bestimmender Gruppe und sozial Schwachen extrem. Genauso extrem ist die Aussichtslosigkeit, etwas bei all der Korruption verändern zu können, sodass die Menschen ihre Hoffnung verlieren. Den Schwachen eine Stimme zu geben, habe ich mir im Laufe des Jahres zur Aufgabe gemacht."


Zum Schluss nochmals vielen vielen Dank an alle Spender, an meine Familie und an all die Personen, die mich während des Jahres unterstützt haben und mich begleitet haben. Danke, dass ihr mir das beste Jahr meines Lebens ermöglicht habt!

Olivia

Freitag, 8. Juli 2016

Der geheimnisvollste Ort der Welt

Imagine a man without lungs. Imagine earth without Amazon rainforest. - Vinita Kinra


Den Amazonas aus dem Flugzeug zu sehen, ist wie das Meer aus dem Flugzeug zu sehen: ein schier endloses grünes Meer aus Bäumen, bis zum Horizont, bis man nicht mehr weiter sieht - und dazwischen durch schlängelt sich der gigantischste Fluss, den ich je in meinem Leben gesehen habe. Mitte Juni erkundeten meine Freundin Linda und ich den Regenwald. Gemeinsam mit Indigenen, die dort leben, haben wir 3 Tage in Kolumbien, Peru und Brasilien verbracht.

Gestartet sind wir in Leticia, der Hauptstadt des kolumbianischen Departamentos Amazonas. Die Stadt hat etwa 40.000 Einwohner und das komplette Leben spielt sich am Ufer des Amazonas am Hafen ab. Leticia hat keine Verbindung zu anderen größeren Städten Kolumbiens über den Landweg, sodass wir die gut 1000 km zwischen Bogota und Leticia im Flugzeug zurückgelegt haben. Morgens um 6 Uhr haben wir das unspektakuläre Städtchen verlassen und sind in einem typischen Holzboot mit drei anderen Reisenden und zwei Indigenen (Miguel und Steuermann José) aufgebrochen.


Wir überquerten den Amazonas vom kolumbianischen Ufer aus Richtung Peru und ohne Passkontrolle oder sonst irgendetwas haben wir eine Stunde später in der Indigenensiedlung Gamboa in Peru gefrühstückt. Nach weiteren 3 Stunden Bootsfahrt über kleine Seitenflüsse, bei der wir Tukane, Äffchen, ein Faultier und Adler gesehen haben, sind wir im ersten Quartier angekommen, der Gemeinde Zacambu. Wären wir zwei Monate später dorthin gereist, hätten wir den ganzen Weg zu Fuß gehen müssen, da die kleinen Flüsse im "Sommer" austrocknen. Bis zu 10 oder 15 Metern steigt und sinkt der Flusspegel im Laufe des Jahres!


mit Jose
Im Laufe der nächsten Tage haben wir wahnsinnig viel erlebt: gemeinsam mit unseren beiden Guides haben wir die Flussdelfine auftauchen sehen und sind mit den grauen und rosa Delfinen (die es nur im Amazonas gibt) in einem Seitenarm des Amazonas geschwommen, haben nachts kleine Alligatoren gesucht und aus dem Wasser gezogen und waren Piranhas fischen, die wir danach frittiert gegessen haben. Die kleinen Fische an die Angel zu kriegen, ist aber gar nicht so einfach, meistens haben sie nur den Köder (kleine Fische oder Hühnchen) weg gegessen :D

das Hausäffchen in Zacambu

baden Gott sei Dank ohne Anacondas etc. :D

Alligator?!

mein erster selbstgefangener Piranha


Natürlich sind wir auch durch den Urwald, der in Peru wirklich noch Primärwald ist, gewandert und die Indigenen haben uns den Weg mit Macheten frei geschlagen. Uns wurde erklärt, welche Bäume giftig sind, von welchen Bäumen man trinken kann und welche Bäume Gummibäume sind. Auf diesen Wanderungen haben uns die Mücken zwar halb tot gestochen, aber es hat sich gelohnt: es ist unglaublich, wie viel Leben es in diesem Dschungel gibt: Tausendfüßler, Taranteln, Affen, unzählige Vögel... und gleichzeitig ist dieses Gebiet noch so unentdeckt, man kann nur erahnen, wie viele Tier- und Pflanzenarten mehr es noch geben muss!! 

diese Stacheln werden als Giftpfeile benutzt

"Ich bin auch eine Ameise!"

wer sieht das Tier? ;)

Eins der Highlights war eine Nacht mitten im Dschungel in Hängematten. Nachmittags haben wir unser Camp aufgebaut und nach dem Abendessen in Zacambu sind wir mit dem Boot wieder dorthin gefahren. Vorm Schlafen haben wir eine Nachtwanderung durch den Dschungel gemacht, da man in der Nacht die meisten Tiere sieht. Das hat sich bewahrheitet: alles kreucht und fleucht im Amazonas! Von Spinnen wie Schwarzen Witwen und behaarten Vogelspinnen, über Skorpione und riesige Käfer bis hin zu Ameisen war alles dabei. Die Tiere waren zwar interessant anzusehen, aber mein Leben lang könnte ich nicht dort im Wald bleiben mit all den Insekten.. Die Nacht in der Hängematte war echt beeindruckend, die ganzen Geräusche von Vögeln und Insekten und kleine Äste, die unter dem Gewicht der Tiere zerbrochen sind - und morgens, wenn es hell wird, schaut man einfach in ein grünes Blätterdach. Diese Nacht und diese ganze Reise waren einfach unvergesslich und abenteuerlich und es waren mit die schönsten Tage, die ich hier in Kolumbien erlebt habe, auch wenn wir total verdreckt, übermüdet und zerstochen wieder in Leticia angekommen sind.

Miguel am Aufbauen

Lianen




Über die Indigenen:
Natürlich hatten wir auch Zeit, uns mit den Personen, mit denen wir unterwegs waren und bei denen wir gewohnt haben, zu unterhalten. Viele von ihnen sind Peruaner, viele haben aber auch doppelte Staatsbürgerschaften, sei es mit Kolumbien oder Brasilien. Stromleitungen gibt es natürlich nicht, aber viele besitzen Generatoren und abends werden eben Kerzen angezündet. Die Häuser sind aus Holz und selbstgebaut und stehen auf Stelzen. Wasser kommt vom Regen und vom Fluss, wobei man im Fluss alles macht: Teller abspülen, Fisch ausnehmen, baden, Wasser für die Duschen abpumpen etc. Das einzige Fortbewegungsmittel neben den eigenen Füßen ist das Boot, damit fährt man ein paar Stunden oder auch einen Tag bis in größere Gemeinden für Einkäufe und Arztbesuche. Für nahezu alle Krankheiten kennen die Indigenen aber Medizin aus dem Amazonas, sprich Blätter und Kräuter. Der Abfall, der produziert wird, wird verbrannt, Müllabfuhr gibt es ja logischerweise auch nicht. Ernährt wird sich auch viel durch Subsistenzwirtschaft, viele halten Hühner, es wird gefischt und Früchte und Gemüse wird angebaut. Dieses Leben ohne Fernseher und Internet und wirkliche Anbindung an die Zivilisation kommt einem ziemlich verrückt vor und schön in seiner Einfachheit.

Haus in Gamboa

Zacambu

Kunst


Samstag, 4. Juni 2016

Von Wüsten, bemalten Felsen und Canyons

In den letzten 2 Monaten bin ich wieder ein bisschen rum gekommen im wunderschönen Kolumbien und schon davor dachte ich, dass es nicht mehr viel vielseitiger geht, doch ich wurde erneut überrascht - seht am besten selbst:

Die Desierto de la Tatacoa (Tatacoa-Wüste) befindet sich im Departamento Huila und ist eigentlich keine Wüste, sondern ein bosque seco tropical (tropischer Trockenwald). Durch die Lage zwischen zwei Gebirgsketten ist das 330 km² große Gebiet sehr niederschlagsarm. Abhängig von den Mineralien und Materialien im Boden erscheint ein Teil der Wüste rot und der weitaus größere Teil grau. Zu trinken gibt es frische Ziegenmilch von den unzähligen Ziegen, die in dem Gebiet gehalten werden oder Wein gemacht aus den Blüten von Kakteen. Die größte Attraktion in der Wüste ist eigentlich das observatorio astronomico, aber als wir dort waren, war es so bewölkt, dass wir uns das sparen konnten.
der rote Teil



der graue Teil


kleiner Kaktus :D

Mit meinen besten kolumbianischen Freunden war ich ein Wochenende auf einer Finca in der Nähe Bogotas (nur 1 h mit dem Bus). Dort in Faca haben früher (vor der Ausrottung durch die Spanier) Indigene gelebt, die die Felsen mit roter Farbe bemalt haben und sie generell auf verschiedene Weise genutzt haben. Nun ist dieses Gebiet ein archäologischer Park und wenn man in einer Stadt wie Bogota lebt, genießt man die Ruhe dort, das Grün und die frische Luft in vollen Zügen :)


Malereien
Platz der Indigenen



Am letzten Mai-Wochenende war montags Feiertag, deshalb habe ich und andere Freiwillige die Zeit genutzt, um Paula zu besuchen, die als einzige in dem Departamento Santander lebt, etwa 9 h mit dem Bus nordöstlich von Bogota. Nur 50 km von dort aus erstreckt sich eine der atemberaubendsten Landschaften, die ich kenne: der Cañón del Chicamocha. Dort hat sich der río Chicamocha zwischen die Anden gegraben und einen riesigen Canyon geformt. Soweit das Auge reicht, erstreckt sich diese Schlucht zwischen den grünen Hängen der Anden.

mit meinen Freundeeeeen

ANDEN!

der Canyon

mit Paula :)
Tags drauf haben wir das Kolonialdorf Barichara besucht, das in einer Landschaft liegt, die ein bisschen an die Toskana erinnert. Vor allem drei Farben sind dominant in dem Örtchen: weiß, ocker und das Grün außen herum. Nach der Ruhe und dem Herumschlendern haben wir uns als Abschluss noch etwas spannenderes überlegt und sind nachmittags auf dem río Fonce raften gegangen. Das perfekte Ende von einem perfekten Wochenende!

in Barichara


alle Straßen sind gepflastert
in den Fluten
so viel action :D


Samstag, 21. Mai 2016

La comida en Bogotá 2.0

Fast 8 Monate, nachdem ich zum ersten Mal über die kulinarische Seite Kolumbiens berichtet habe, folgt nun Teil 2. Ich habe in den letzten Monaten richtig leckere Sachen gegessen, die ich in Deutschland sicher sehr vermissen werde (...aber es gibt auch echt eklige Sachen, die ich ganz bestimmt gar nicht vermissen werde). Ich gebe euch mal einen kleinen Überblick:

Die frischen Früchte, die es hier gibt, begeistern mich immer noch, vor allem die Säfte, die zu Hause frisch aus diesem Obst gemacht werden. Außerdem gibt es überall an Straßenständen frischen Orangensaft zu kaufen, Orangen gibt es hier nämlich das ganze Jahr. Ein weiteres Lieblingsgetränk ist dazugekommen (das gesündeste von allen): Agua de Panela. Im Prinzip schmeißt man ein Stück getrockneten Zuckerrohrsaft in Wasser, erhitzt alles und wartet, bis sich die Panela aufgelöst hat. Je nach Belieben kann noch Zitronensaft hinzugegeben werde. Agua de Panela schmeckt nicht nur warm und kalt gut, sondern hilft noch dazu gegen jegliche Krankheiten.

serviert mir typischem Käse und Arepa

Panela am Stück

Ein weiteres leckeres Getränk ist Avena: Haferbrei, Milch, Zimt und gaaaanz wenig Zucker werden vermischt und erhitzt und schon hat man Avena. Typisch dazu gegessen wird Pandebono, eine kleine Semmel mit weichem, käsigen Teig und bocadillo als Füllung (süßes Fruchtfleisch der Frucht Guayaba).

Avena ganz elegant...
...und wie wir es meist trinken







Pandebono mit fruchtiger Füllung

Das bekannteste Hauptgericht Kolumbiens ist wahrscheinlich bandeja paisa, ein Gericht aus der Gegend um Medellín (daher hat das Essen auch seinen Namen: bandeja=Gericht und paisa nennt man die Menschen aus Medellín). Es hat 9 verschiedene Zutaten und macht mehr als satt.

Reis, Bohnen, Arepa, Avocado, Ei, Platano, Wurst, Hackfleisch und Chicharron

Eine meiner Lieblingssuppen (Kolumbianer sind Suppen-verrückt, fast jeden Tag gibt es Suppe vor der Hauptspeise) heißt Sancocho und niemand kann sie so gut zubereiten wie meine Gastmama hahahaha...
die beste Suppe überhaupt

Natürlich gibt es auch Dinge, die mir nicht so gut schmecken, oder die ich nicht probieren will, wie Meerschweinchen und riesige Ameisen. Darauf verzichte ich gerne! Außerdem bin ich nicht so der Fan von Hühnerkrallen in Suppe, Fisch-Innereien und Schweinsfüßen in Bohnen.. wenigstens wollen die Kolumbianer immer möglichst alles verarbeiten,das muss man ihnen lassen! :D